Die EU treibt mit verschiedenen Maßnahmen das Erreichen ihrer hochgesteckten Nachhaltigkeitsziele voran. Auch wenn diese zunächst vor allem auf größere Unternehmen zielen, gilt dennoch, dass alle Unternehmen ihre bestehenden Geschäftsmodelle kritisch hinterfragen, mittels einer schlüssigen und transparenten Nachhaltigkeitsstrategie adjustieren, sich am Markt positionieren und günstige finanzielle Rahmenbedingungen für ihre Wachstumsziele nutzen. Dazu ist gutes Nachhaltigkeitsmanagement unabdingbar.
Durch das wachsende kollektive Bewusstsein für die Endlichkeit der Ressourcen und das Erfordernis nachhaltigen Wirtschaftens nimmt das gesellschaftliche Streben nach „Nachhaltigkeit“ kontinuierlich zu und gewinnt der Nachhaltigkeitsbegriff in der öffentlichen und medialen Diskussion rasant an Bedeutung. Die Menschen wollen nachhaltiger leben und die Unternehmen sollen und müssen in dieser Entwicklung eine wesentliche Rolle spielen.
Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten im ökonomischen Handeln steht spätestens seit der Verabschiedung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (UN) im September 2015 im Fokus einer stetig steigenden Zahl von Unternehmen und Finanzinstituten. Diese Nachhaltigkeitsziele der UN sind eingebettet in die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, welche den Überbau zahlreicher Umsetzungsinitiativen auf nationaler und supranationaler Ebene bildet. So haben sich die Mitglieder der Europäischen Union im Rahmen des „European Green Deal“ dazu verpflichtet, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Aus diesem Grund wurden im Kontext des EU-Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums in den vergangenen Jahren verschiedene Regulierungen auf den Weg gebracht, die dazu beitragen sollen, dass Unternehmen klimafreundlicher agieren und Finanzdienstleister Kapitalströme in treibhausgasarme und klimaresiliente Investitionen lenken.
Diese Regulierungen betreffen zum einen und vor allem Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Über die Non Financial Reporting Directive ((NFRD), mit dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz von 2017 in nationales Recht überführt), wurde die Pflicht zur größeren Transparenz der Sozial- und Umweltberichterstattung für Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden im Jahresdurchschnitt und einer Bilanzsumme von über 20 Mio. EUR oder einem Umsatz von über 40 Mio. EUR konkretisiert. Die NFRD erfährt mit der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) ein grundlegendes Update, wodurch die Berichtspflicht ab dem Jahr 2024 sukzessive auf Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden (und weiterhin: Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro oder Umsatz von über 40 Millionen Euro) ausgedehnt wird und sogar für kleine Unternehmen bei Überschreitung von zwei der drei Merkmale (1) 10 Beschäftigte, (2) 350.000 EUR Bilanzsumme und (3) 700.000 EUR Nettoumsatzerlöse greift, sofern sie kapitalmarktorientiert sind, d.h. Wertpapiere an einem organisierten Markt begeben. Darüber hinaus müssen sich Unternehmen mit der EU-Taxonomie und ihren technischen Ausgestaltungen auseinandersetzen. Dieses Klassifikationssystem schafft einheitliche Standards, welche Wirtschaftsaktivitäten zur Erreichung der EU-Umweltziele beitragen: zunächst ab 2022 zu den Zielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“, ab 2023 dann auch zu „Nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen“, „Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft“, „Vermeidung von Umweltverschmutzung“ und „Schutz von Ökosystemen und Biodiversität“. Laut der Taxonomie-Verordnung gilt eine Wirtschaftsaktivität dann als Taxonomie-konform, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem von diesen sechs Umweltzielen leistet, ohne den anderen zuwiderzulaufen („Do No Significant Harm – DNSH“). Zugleich müssen gewisse Mindestanforderungen, z.B. in Bezug auf Soziales und Menschenrechte, erfüllt werden.
Zum anderen integrieren Kapital- und Kreditgeber, aber auch Kunden und Lieferanten zunehmend Nachhaltigkeitsaspekte in ihr Risikomanagement, erstere auch aufgrund der durch ihre Aufsichtsinstitutionen gestellten Anforderungen. So sind Banken zukünftig verpflichtet, im Rahmen der Kreditprüfung die Nachhaltigkeitsrisiken ihrer Unternehmenskunden zu bewerten, was unmittelbaren Einfluss auf die Kreditvergabe und die Finanzierungskonditionen hat.
Somit lenken die Auswirkungen des Klimawandels, global vernetzte Lieferketten und eine zunehmende unternehmerisch-gesellschaftliche Verantwortung den Fokus der Wirtschaftakteure auf die Nachhaltigkeit, die häufig durch das Akronym „ESG“ ersetzt wird, wobei E für „Environmental“ (Umwelt), S für „Social“ (Soziales) und G für „Governance“ (Unternehmensführung) steht. Hieraus wird bereits deutlich, wie komplex die Thematik der Nachhaltigkeit ist, die für den vielleicht größten Megatrend unserer Zeit steht und eine fundamentale Transformation der Wirtschaft bedeutet.
Jenseits des kontinuierlich steigenden Informationsbedarfs und der damit verbundenen Aufwände gibt es jedoch auch positive Perspektiven der Nachhaltigkeit, welche eine Verschiebung von einem Risiko- und Compliance-Thema hin zu einem Hebel der Wertgenerierung ermöglicht. Denn Nachhaltigkeit ist, richtig umgesetzt, eine Chance – für mehr Wachstum, Profitabilität und einen höheren Unternehmenswert.
Die Unternehmen haben es grundsätzlich selbst in der Hand, ihre bestehenden Geschäftsmodelle kritisch zu hinterfragen, mittels einer schlüssigen und transparenten Nachhaltigkeitsstrategie zu adjustieren, sich am Markt (neu) zu positionieren und günstige finanzielle Rahmenbedingungen für ihre Wachstumsziele zu nutzen. Doch die individuellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitszielen und -anforderungen für die Unternehmenspraxis sind nicht immer gleich transparent und greifbar: Was bedeutet „Nachhaltigkeit“ konkret für ein kleines oder mittelständisches Unternehmen („KMU“)? Wie wird ersichtlich, was es auf strategischer und operativer Ebene tun sollte, um nachhaltiger zu werden? Welche Anforderungen werden zukünftig die genannten Kredit- und Kapitalgeber, Kunden und Lieferanten, aber auch Mitarbeiter und Anteilseigner, Behörden und die Öffentlichkeit an die Nachhaltigkeit des Unternehmens stellen? Wie kann ein Unternehmen sichergehen, sämtliche relevante Aspekte zu adressieren, auf die weiteren Entwicklungen vorbereitet zu sein und Maßnahmen mit einer geeigneten Priorisierung anzugehen? Und: Wie sollen dies KMU, die es sich nicht leisten können, Vollzeitkräfte oder gar ganze Bereiche für diese Aufgaben zu beschäftigen, dauerhaft bewerkstelligen?
Die Antworten auf diese Fragen sind eng mit der Digitalisierung und den daraus resultierenden, innovativen Technologie-Lösungen aus dem Bereich „ESG-Software“ verknüpft. Hier empfehlen sich insbesondere Lösungen, welche den Einstieg in die gesamte Nachhaltigkeits-Thematik ermöglichen, beginnend mit einer Positionsbestimmung und deren Analyse; Lösungen, die möglichst das gesamte Unternehmen bzw. alle betroffenen Bereiche einbinden, um Nachhaltigkeit auch zu einem unternehmensweiten Anliegen zu machen.
Autor: Jörg Uwer, Geschäftsführer der ESG.DNA GmbH